farinograph
Farinograph
In der Arbeit „Farinograph“ hinterfragt Karin M. Pfeifer auf subtile Weise das zunehmende Bedürfnis der Gesellschaft nach Ordnung, Abmessung und Vergleichbarkeit. Offensichtlich gilt: Je ökonomisch instabiler die Zeiten und je beliebiger moralische Weltordnungen umso stärker wird der Ruf nach Maßeinheiten und Skalen, anhand derer der Einzelne wieder Orientierung finden kann. Das Phänomen reicht dabei von Rankings im Schulbereich bis hin zum sexualisierten Leistungssoll in der Beziehung.
Das Problem dabei ist vielschichtig: Mangels allgemein gültiger Maßstäbe in einer Zeit des „anything goes“ werden auch die angelegten Maßskalen beliebig. Damit werden sie zu jenem Problem,dessen Lösung sie vorgeben zu sein. Auf der anderen Seite drohen in dem Regulierungswahn vor allem auch jene Freiräume zu verschwinden, die sonst mit gutem Grund einer Normung entzogen sind.
Dabei wird die für herkömmliche Begriffe inhaltlich unverständliche Apparatur eines Lebensmittelproduzenten zur Analyse der Mehlqualität, Teigkonsistenz und Teigentwicklungszeit in der Darstellung Pfeifers zum komplexen Weltenmaschine, mittels derer Schicksale im alttestamentarischen Sinne gewogen und möglicherweise für zu leicht befunden werden (mene mene tekel ufarsin, Daniel, 5,52). Doch durch die ironische Auflösung der Trichterform als eine der Grundbausteine des (industriellen) Messens in eine kugelförmige Gestalt stellt Pfeifer diese gesellschaftliche Tendenz in Frage und hält ein Plädoyer für das Erhalten subjektiver Freiräume zur Gestaltung eines befriedigenden Lebensentwurfs.