_karrieresprung
ordnungshalber
Nichts ist in Ordnung wenn man die Installations/Bild- und Fotoserien der Künstlerin analytisch betrachtet. Formal gesehen lässt sich zwar ein großer Bogen schlagen über verschiedene Gegenstände und Motive, die alle in eine bestimmte Anordnung gebracht werden. Somit wird auch der Grad der Entropie reduziert - und das Geschehen ist sohin auch als ein Maß für die Energie zu verstehen, die aufgewendet werden muss, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. Sei es etwa im urbanen Raum, wo dem natürlich-ruralen Anarchismus eine gesellschaftsfähige Ordnung abgerungen werden muss. Seien es - mit Blick auf die Kunstwerke - wohlgeordnete Paare von aus Beton gegossenen Flipflops, Haushaltskübel in Kugelform oder Bienenkästen in soldatischer Uniformität.
Doch demgegenüber stehen die inhaltlichen und formalen Ausbruchsversuche in den Kunstwerken, die die scheinbare Ordnung als solche entlarven und somit den Blick auf die erratische Grundlage dieser Ordnung lenken. Inhaltlich passen etwa die madonnenhaft fröhliche Ausstrahlung des Reinigungspersonals nicht zur der sozioökonomischen Grundordnung, die strikte zwischen white- und bluecollarworkern unterscheiden möchte, käferartigen Robotor konterkarieren die engstirnige Konformität der fein säuberlich in Reih und Glied sortierten Bienenstöcke und die subtilen typographischen Substraktionen in den “ex-”Fotoserien symbolisieren die schleichende Auflösung einer Bilder- und Beziehungsordnung unbefriedigenden Grades.
Die künstlerisch zwischen Inhalt und Form angesiedelten Diskrepanzen zwischen Ordnung und ihrer Auflösung machen offensichtlich, dass dem Maß an zu investierenden Energie zur gesellschaftlich erwünschten Konfektionierung meist kein befriedigendes Ergebnis gegenübersteht. Und dies ist keineswegs in Ordnung.
Das betrifft mehrere Bereiche, will die Künstlerin sagen. Aber es ist assoziativ nur ein kurzer Weg diese gesellschaftlich erwünschte Konfektionierung auf Rollenklischees zwischen den Geschlechtern umzulegen: Die bisherige Gender-Ordnung ist im Begriff sich aufzulösen, das deuten die artifiziell unterschiedlich thematisierten Ausbruchsversuche an. Denn in einer geänderten Umwelt verbraucht die Aufrechterhaltung dieser Ordnung zuviel Energie, vor allem des weiblichen Teils der Gesellschaft. Die damit einhergehende Erhöhung des Entropiegrades im Sinne einer gleichmäßigen Verteilung der Belastungen allerdings führt zu deutlichen Verwerfungen in den Systemen.
Der Ordnung halber ist jede Ordnung an sich zu hinterfragen, sagt die Künstlerin. Und sie formuliert diesen Anspruch mit einem Augenzwinkern. Denn die Ausbruchsversuche aus den künstlerischen Arrangements kommen ganz ohne Holzhammerargumentation aus und werden den Rezipienten vielmehr mit einer gehörigen Portion subtilen Humors serviert. Oder ist es vielmehr eine Art Galgenhumor angesichts der Widerstände, die gegen eine Neuordnung und die Umverteilung der damit einhergehenden Belastungen erkennbar sind?