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"a room of one's own", Basel_Villa Renata februar 2017

04.03.2017 | Kultur | Seite 14

Ein Haus hat viele Zimmer In der Villa Renata ist frei nach Virginia Woolf die Ausstellung «A Room of one’s own» zu sehen Von Annette Hoffmann Basel.

In der Villa Renata sind derzeit die Türen zu. Nicht, dass Balint Liptay und Ipek Füsün ihre Rolle als Gastgeber nicht ernst nehmen würden – im Gegenteil, sie führen ein sehr gastfreies Haus, aber eben mit geschlossenen Türen. Und dies hat viel mit der eigentlichen Idee der Ausstellung «A Room of one’s own» zu tun. Denn diese zitiert nicht nur den bekannten Emanzipations-Essay von Virginia Woolf, sie löst ihn ein – bis auf Liptay sind ausschliesslich Frauen an der von Hanga Séra kuratierten Gruppenschau beteiligt. Allen Beteiligten steht jeweils ein Raum zur Verfügung. Drückt man die Klinke herunter und betritt das Zimmer, befindet man sich mitten in einem ganz eigenen Werk. «A Room of one’s own» verzichtet auf Sichtachsen, vieles bleibt so zwangsläufig unverbunden. Dafür gewinnt man einen abwechslungsreichen Ausstellungsparcours. Wie in Ritter Blaubarts Burg ist es nicht. Eher als erkundete man eine Wohnung, deren Besitzer gerade nicht da ist. Obwohl – es kann durchaus abstossend sein: Im oberen Geschoss findet sich eine Fotoserie und Installation mit Insekten von Ewa Kaja. Aber oben residieren auch Balint Liptay und Ipek Füsün, die man in der Basler Off-Space-Szene als Waschmaschine-Gruppe kennt. Eine leichte Melancholie Für die Dauer der Ausstellung sind sie aus der Feldbergstrasse in die Socinstrasse gezügelt. Seit der Vernissage projizieren sie Videoarbeiten auf die Wand, schreiben Sätze auf diese und haben im Raum Fundstücke verteilt, etwa Treibgut, das die Wiese ans Ufer gespült hat und das wie Steine Object 1 aussieht. Tatsächlich hat der Fluss bei diversen Kunststoffen einiges an Verwitterungsarbeit geleistet. Solche Art von Erinnerungsspuren oder Patina prägen viele der acht Räume. Die Grundstimmung ist eine leichte Melancholie, die sich von dem aus den Zimmern verschwundenen Leben ableitet. Im ehemaligen Ankleidezimmer etwa hängt eine Kugel aus lauter Kirschkernen über einem Fauteuil, ihre Körperhaftigkeit ergibt sich durch die unterschiedlich langen Perlonschnüre, an denen die Kerne befestigt sind. Auf eine poetische Weise wirkt dies, als schwebte noch etwas von den ehemaligen Bewohnern im Raum. Von Karin Maria Pfeifer ist aber auch die sehr grafische Arbeit «Remixing Illusion», die sie mit schwarzem und silbernem Tapeband auf Wand und Boden geklebt hat. Auf dem Muster des Parketts entstehen geometrische, perspektivisch verzerrte Formen, die in den Raum einen zweiten imaginären schreiben. Mit Witz spielt Anne F. Staehelin im Garten auf das frühere familiäre Leben in der Villa Renata an. Kleine weisse Handschuhe stecken auf Hölzchen im Garten und sehen aus wie Frühlingsboten – und wer kennt das Problem der verlorenen Kinderhandschuhe nicht? Auf dem Dachgarten hingegen hat sie einen Kronleuchter aus gefundenen Katzenaugen aufgehängt, der ironisch den bürgerlichen Charakter der Villa spiegelt. In Ungarn geboren Aus einem der unteren Räume sind die getragenen Töne einer Komposition von Arvo Pärt zu hören. Sie sind Teil der Installation «Mon Père» von Hanga Séra, die in Zürich lebt und wie Balint Liptay und Ipek Füsün in Ungarn geboren wurde. Der Schrank mit seinen beiden Türen hat die Form eines Altars, wie auch die gesamte Installation sakral wirkt. In den einzelnen Fächern und Schubladen finden sich Erinnerungsstücke, Fotos und Objekte wie die gespannten roten Fäden mit drei Zähnen in einer Schublade oder die gestickten Lungenflügel. Die Fotos sind oft derart vergrössert, dass sie unscharf geworden sind, auf einem anderen sind die Gesichtszüge ausgelöscht, ein Kommunionsfoto ist nur halb zu erkennen. Gutachten über eine wissenschaftliche Arbeit liegen aus, kleine Fläschchen mit Getreide stehen auf einem der Bretter, und auch ein Folklorehemd ist ausgebreitet. Auf der Brust prangt als Logo ein Turul. Es ist der mythische Vogel Ungarns und ein Symbol, das die nationalistischen Kräfte Ungarns sich angeeignet haben. Die Objekte, die Séra hier versammelt, könnten Reliquien einer Biografie sein oder Requisiten einer halb wahren, halb erfundenen Lebensgeschichte. Sie zeigen aber auch etwas von der Dialektik von Privatem und Öffentlichem und stossen in diesem Sinne eine Tür nach aussen auf.

Bis 12. März. Villa Renata, Socinstr. 16, Basel. Sa/So 14–18 Uhr. Fr 16–20 Uhr. www.villa-renata.ch

vom 11.11.2016, 10:12 Uhr

Update: 25.11.2016, 12:41 Uhr

Fotografie Altern. Reifen. Wachsen.


"Liebe im Alter"


"Liebe im Alter"© Willy Puchner

Ein alter Mensch hat Erfahrung und somit die Fähigkeit erworben, zwischen wichtig und unwichtig zu unterscheiden. Reifen bedeutet also auch Ballast abwerfen, großzügig zu sein, sich in Bescheidenheit und milder Wahrhaftigkeit mit sich selbst und anderen zu üben. Die allerwichtigste Regel für das Glück im Alter ist jedoch neugierig bleiben, einer erfüllenden Tätigkeit nachgehen, Neues lernen und kennenlernen, neue Projekte und Ziele verfolgen, geistig körperlich und seelisch aktiv sein ... und soziale Kontakte pflegen mit Menschen, die einem das Leben bereichern. Klingt einfach, ist es im Grunde auch, man muss es nur wagen. step by step ... aber immer weitergehen.

"Welke Schönheit"


"Welke Schönheit"© Elfriede Mejchar

Zu den Abbildungen:

Willy Puchner, "Liebe im Alter" (oben),

Elfriede Mejchar, "Welke Schönheit" (Mitte) und

Karin Maria Pfeiffer "Ages" (unten).

Die Ausstellung "Grauer Alltag mit einem Schuss jugendlichen Leichtsinn" ist in der Kro Art Galerie vom 22. November bis zum 9. Jänner 2017 zu sehen. (Getreidemarkt 15, 1060 Wien, Öffnungszeiten von Dienstag bis Freitag von 14 bis 19 Uhr, Samstag von 12 bis 17 Uhr).
Vernissage: 19. November 2016 um 17 Uhr.

In der Ausstellung sind weiters vertreten: Maria Hahn, Miriam Laussegger, Ina Loitzl und Christiane Spatt.

Siehe Website der Kro Art Galerie


"Ages"© Karin Maria Pfeiffer









URL: http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/kunst/galerie/855593_Altern.-Reifen.-Wachsen..html

© 2017 Wiener Zeitung



Grauer Alltag mit einem Schuss jugendlichen Leichtsinns | Kro Art Contemporary



Willy Puchner, Liebe im Alter, 2008–2010 © Willy Puchner

20.11.2016 bis 09.01.2017

Kro Art Contemporary

Getreidemarkt 15

1060 Wien

Österreich

www.kroart.at

Öffnungszeiten:

Di.–Fr. 14.00–19.00 Uhr
Sa. 12.00–17.00 Uhr

Von der Schönheit des Alterns

Schauen Sie in ein Gesicht . z.B. auf Selbstportraits Rembrandts.

Die Physiognomie altert. Aber mit ihr altert (reift ) auch das zweite Gesicht, die Vision dahinter … Der gealterte 63-jährige Rembrandt zeigt eine dramatische Tiefe und Brechung, die Generationen von Betrachtern ergriffen hat. Die Künste machen es vor, wie man Sehgewohnheiten , festgefügte Bilder und Stereotypen verändern kann.

Die neuen Alten, die Avantgardisten, haben ihre Gestaltungsmacht entdeckt . Altern, Wachsen, weiser werden – eine Phase einer zweiten Entfaltungs- und Reifezeit. Reifen bedeutet Ballast abwerfen, sich in Wahrhaftigkeit mit sich selbst und anderen zu üben.

Ein gereifter Mensch ist „umfassend schön“ da durch Erfahrung optimiert - wissend, rational und emotional gebildet. Mit Werken von: Maria Hanl, Miriam Laussegger, Ina Loitzl, Elfriede Mejchar, Karin M. Pfeifer, Willy Puchner, Christiane Spatt.

Im Projektspace: Negativ Positiv Wojciech Krywoblocki

Ein Kooperationsausstellungsprojekt mit dem k-Haus Wien

Ort:

Wien


karin maria pfeifer Portrait in der Wiener Zeitung von Willy Puchner


vom 19.09.2016, 10:26 Uhr

Porträts Karin Maria Pfeifer



© Karin Maria Pfeifer

Karin Maria Pfeifer lotet mit ihren Arbeiten das weite Feld der zwischenmenschlichen Kommunikation zwischen Sprache, Gestik und Phänotypologie aus. Bei dem Projekt über die "blue-collar-worker" verbindet sie subtil miteinander konterkarierende Signale aus Mimik, Gestus und Dresscodes. "Man kann nicht nicht kommunizieren", sagte Paul Watzlawick.

Pfeifer stellt die Protagonistinnen aus einer soziographischen Randgruppe madonnengleich ins Bildzentrum, stattet die "underdogs" der Arbeitswelt mit Attributen des Überirdischen aus: Statt in düstere Umgebung werden sie ins Licht getaucht; statt standesgemäß depressiv scheinen die Porträtierten in sich zu ruhen und durch nichts erschütterbar zu sein.

Die Künstlerin hinterfragt so auf unaufdringliche Art gesellschaftliche Klischees und Wertesysteme.


© Karin Maria Pfeifer

Geboren 1966 in Wien; 1984–93 Universität Wien, Promotion 94 (Medizin); seit 1994 freischaffende bildende Künstlerin; Studienaufenthalte in Paris, Indien, Israel/Palästina; Besuch der Klasse von Prof. Frohner; Mitglied von Künstlerhaus Wien, IG-Bildende Kunst und Foto-Fluss; 2008 Gründung des Kunstraums "flat1" zusammen mit Sula Zimmerberger; zahlreiche Publikationen, Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen.

Lebt und arbeitet in Wien und Hagenbrunn, N.Ö.

Siehe auch Website der Künstlerin.


http://www.wienerzeitung.at/meinungen/portraets/845566_Karin-Maria-Pfeifer.html

URL: http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/kunst/galerie/845566_Karin-Maria-Pfeifer.html © 2017 Wiener Zeitung